Die moderne Geschichtsforschung sieht diese Zeit jedoch vollkommen anders. Es gibt keinerlei Quellen- islamische oder nichtislamische- aus dieser Zeit, die über einen Propheten Mohammed und eine Religion namens Islam berichten würden. Alle islamischen Quellen stammen ausnahmslos aus späteren Jahrhunderten. Die zeitgenössischen nicht - islamischen Quellen kennen den Propheten nicht.
Zugleich sollen die Heere des Propheten Byzanz das halbe, und Persien gar das ganze Reich abgenommen haben. Beide waren emsige Protokollierer und Berichterstatter, aber sie berichten nicht eine Zeile über dieses Mega-Ereignis.
Millionen von Christen der verschiedensten Konfessionen, Buddhisten, Heiden, Zoroastrier sollen von Muslimen unterworfen worden sein. Aber sie berichten uns nichts darüber. Und das zu Zeiten allerhöchsten religiösen Bewusstseins. Nicht eine Zeile über den Propheten und seine Religion.
Neueste Forschungen verschiedener Disziplinen liefern nun das wirkliche Bild. Sie weisen die bekannten islamischen Darstellungen als Erbauungsliteratur späterer Jahrhunderte ohne irgend einen historischen Wert nach. Sie weisen ferner nach, dass die Ursprache des Koran nicht allein arabisch war, und dass wesentliche Teile des Koran unter den arabischen Christen bereits vor Mohammed im Umlauf waren. Die später ins Arabische übertragenen Texte weisen teils groteske Fehlübersetzungen auf - wie etwa das angebliche Kopftuchgebot.
Das und vieles mehr ist Inhalt des Buches Good Bye Mohammed.
Das Buch repräsentiert den neuesten Stand der Forschung und stützt sich auf Fakten und nur auf Fakten.
Die wirkliche Entstehung des Islam hat nichts mit den traditionellen - islamischen Geschichten zu tun, die auch unser Geschichtsbild prägen.
Die Wahrheit sieht anders aus.
Links zu Originalkapiteln:
Leseprobe aus: „Die Märchen von Al-Andalus“
Führen wir uns zum Abschluss zu Gemüt, was die UNESCO-Home-page noch alles zu bieten hat:
„Juden, Christen und Muslime waren vollkommen frei, sich zu betätigen in theologischen, ja religiösen Aktivitäten ... in Verwaltung und Justiz.“ (Doudou Diene)
Und:
„Al-Andalus war ein bemerkenswertes und hervorragendes Modell der Toleranz. Es begann mit der Eroberung, als die Muslime die Freiheit und den Besitz ihrer Untertanen zu beschützen begannen und deren Kirchen respektierten und verteidigten“ (Mohamed Benchrifa).
Man möchte gerne die Kirchen sehen, die die Muslime verteidigt haben. Nur wo sind sie?
Das sind die Märchen von al-Andalus. Die historische Wirklichkeit sieht anders aus. In al-Andalus herrschte keine Toleranz. Es herrschte Hauen und Stechen. Und wo dies pausierte, herrschte Apartheid, ausgeübt von der Seite, die politisch gerade in der Lage dazu war. Die schön besungene convivencia fand nur dann statt, wenn die Gegner sich im Patt gegenüberstanden und nicht anders konnten. So funktionierte al- Andalus.
Hadite.pdf
Der historische Muhamad.pdf
Erklärung von Kairo

Von Jesus zu Mohammed
„In den Adern des Propheten fließt Tinte – auch die der europäischen
Orientalisten.“
Karl-Heinz Ohlig, Islamwissenschaftler
Die Geschichte des Vorderen Orients in der ersten Häl!e des nachchristlichen
Jahrtausends prägte der Dauerkon"ikt zwischen Persien und dem Byzantinischen Reich. Es gab direkte Begegnungen auf dem Schlachtfeld, meist aber waren es stellvertreterkriege, denn beide Mächte unterhielten ein Netzwerk von arabischen Bundesgenossen, die o! genug die Seiten wechselten.
Unter Arabien verstehen wir heute die arabische Halbinsel. In der Antike und im Mittelalter war damit jedoch ein ganz anderer geographischer Raum gemeint: Arabien umfasste Syrien, Palästina und Mesopotamien, manchmal mehr, manchmal weniger. Die arabische Halbinsel war mit Ausnahme des äußersten Nordens damit nicht gemeint.
Dieses alte Arabien war ein politischer und religiöser Druckkochtopf. Nicht
aus Zufall entstanden hier drei der fünf Weltreligionen. Juden, griechische,
babylonische, asiatische Heiden, Melkiten, Jakobiner, syrische Christen, koptische
Christen, Katholiken, Nestorianer, Zoroastriker, Buddhisten und viele andere mehr standen in stetigem Wettstreit. Sozusagen täglich tauchte an jeder Ecke ein Heilsverkünder, ein Gottgesandter, ein Messias, ein neuer Prophet auf. Ständig stand man unter dem Druck des unmittelbar bevorstehenden Weltunterganges, auf den man richtig vorbereitet sein musste Die einzelnen Fraktionen hatten ihre eigenen religiösen Texte, die jeweils diskutiert, angegri#en, verteidigt wurden. Besonders he!ig waren diese Auseinandersetzungen um die „wahre Lehre“ zwischen den einzelnen christlichen Fraktionen.
Der Zentralpunkt war hierbei die Frage nach der Natur Jesu. Die Diskussion wurde sowohl auf griechisch-philosophischem Nadelspitzniveau als auch handgrei"ich ausgetragen.77 Für die Monophysiten hatte Jesus nur eine 77 Etwa am Konzil von Ephesos (431), das als „Räubersynode“ in die Geschichte einging. Ehrwürdige
Natur, je nach Richtung mehr Gott oder Mensch, für die anderen, speziell die byzantinische Orthodoxie, war Jesus Sohn Gottes und hatte neben seiner menschlichen auch eine göttliche Natur. Ein philosophisch-logisches Konstrukt,das in die Dreifaltigkeit mündete.
In zahlreichen Konzilen, auf denen diese Glaubensfragen he!ig diskutiert wurden, namentlich Nikäa im Jahr 375 und Chalkedon im Jahr 451, wurde die „Trinitätslehre“, die Lehre von der „Heiligen Dreifaltigkeit“, zum o"ziellen Dogma erhoben. Dies trennte die arabischen und ägyptischen Christen vom Rest. Eine gewisse räumliche Trennung hatte indes schon früher stattgefunden.
Allgemeine Kriegspraxis im Orient war die Ermordung und/oder Verschleppung der Besiegten. Wer die Schlachten und das nachfolgende Schlachten überlebte, wurde abtransportiert und zu den verschiedensten Arbeits- und Siedlungsprojekten in den eigenen Provinzen herangezogen. Bekannt ist die Verschleppung der Israeliten durch Nebukadnezar nach Babylon. Die drei großen Kriege Schapurs I. endeten in riesigen Verschleppungswellen der Bevölkerung aus dem heutigen Syrien und Irak: So wurde der Bischof von Antiochien an der syrischen Mittelmeerküste mitsamt seiner Gemeinde nach Khuzistan verschleppt und für die neu zu gründende Stadt Gundeschabur angesiedelt.
Eine weitere zerstörte und umgesiedelte Stadt war die nordmesopotamische Zentrale Hatra, zwischen Euphrat und Tigris gelegen. Die Bewohner dieses Gebietes, der Dschasira („Insel“), wurden Arabi genannt, das heißt „die Bewohner des Westens“, vom Land jenseits des Tigris aus gesehen. Hier wird der Begri# „Araber“ erstmals manifest, aber er hat nichts mit dem uns heute geläu$gen Begri# zu tun. Die Römer dehnten „Arabia“ mit dem Nabatäerreich etwas weiter nach Süden aus, das heutige Arabien blieb unbeachtet. Die Arabi sprachen syroaramäisch. Man kann mit Sicherheit annehmen, dass sie auf dem Weg in die 78 Die Lücken wiederum wurden des Öfteren gefüllt durch mehr oder weniger erzwungene Umsiedelungen aus Griechenland und dem Balkan.
persische Diaspora auch ihr heiliges Buch mitnahmen, das „Diatessaron“, die aramäische Bibel, die wohl in der Dschasira entstanden war. Eine weitere Verschleppungswelle erfolgte unter Chosrau I., der 540 erneut die gesamte Bevölkerung Antiochiens in den Osten verschleppte und sie die Stadt Veh-
Antiokh-i-Chosrau („Das bessere Antiochien des Chosrau“) bauen ließ. Die Deportierten setzten ihr religiöses Leben in Persien fort.
Im 7. Jahrhundert nahmen die Auseinandersetzungen zwischen Persien und Byzanz den Charakter eines religiösen Krieges an. 613 gab es einen neuen Vorstoß Persiens in Richtung Westen. Chosrau II. besetzte Syrien und eroberte 614 Jerusalem. Er zerstörte demonstrativ die Grabeskirche und nahm die Reliquie des Heiligen Kreuzes als Trophäe mit sich. 619 eroberte er Ägypten. Dies konnte Byzanz nicht hinnehmen. Kaiser Herakleios brach mit einem Heer gegen Persien auf. Unter der persönlichen Führung des Kaisers – eine absolute Rarität in der Spätantike – kam es 622 in Armenien zur Schlacht, in der das persische Heer vernichtend geschlagen wurde. Das war unerwartet, man würde es heute als „sensationell“ bezeichnen. Im folgenden Jahr nahm Herakleios die Stadt Ganjak ein und ließ als Revanche für Jerusalem den dortigen
Feuertempel zerstören. Es folgten weitere Schlachten, die zum vollständigen und triumphalen Sieg Byzanz’ führten. Der immer noch friedensunwillige Chosrau wurde von seinen eigenen Leuten ermordet, sein Sohn Siroe schloss Frieden mit Byzanz.
Im darau!olgenden „Ausgleich“ bekam der Kaiser zwar seine arabischen Gebiete – die er niemals wirklich beherrscht hatte – nominell zurück. Aber im Rahmen der vollkommenen Neuordnung des Byzantinischen Reiches (der „"emenkonferenz“)
hatte sich Herakleios bereits entschieden, Syrien und Mesopotamien aufzugeben, behielt jedoch einige Städte und alle Häfen unter seiner Kontrolle. Die dringend gebotene Konsolidierung seines Kerngebietes hatte absoluten Vorrang, denn im Westen kämp#e das Reich um seinen Bestand.
Schon 618 hatte Herakleios sich mit dem Gedanken getragen, Konstantinopel
als Hauptstadt aufzugeben und von Sizilien aus zu regieren. Ein Volksaufstand
und der Klerus brachten ihn davon ab, die Kirche musste allerdings seinen
Feldzug $nanzieren, den er 628 siegreich abschloss und 630 mit der feierlichen
und persönlichen Rückführung der Kreuzesreliquie nach Jerusalem krönte.
Es war kein gewöhnlicher Feldzug gewesen, sondern der erste Kreuzzug der
Geschichte, der Kampf der Christen gegen die Feueranbeter. Trotz religiöser
120 Norbert G. Pressburg | Good Bye Mohammed
Unterschiede hatten die Arabi mit Herakleios sympathisiert. Mehrfach belegte
Vergleiche machten die Runde mit Chosrau als Pharao im alttestamentlichen
Sinne, der die Kinder Israels verschleppt habe und die nun heimgeführt würden.
79 Die Christen Persiens sahen Herakleios deshalb als ihren natürlichen
Verbündeten. Nach der Niederlage zer!el das persische Reich in Fürstentümer,
auch in solche der Arabi.
Zum einen lag die Autorität der persischen Zentralmacht in Scherben, zum
anderen war mit dem Tod des Herakleios 641 die Bündnissituation aus dem
großen, glorreichen Krieg beendet. Die arabischen Emire, durchwegs Christen,
hielten nun die eigentliche Macht in Persien in der Hand. Hierfür lassen
sich zahlreiche archäologische Belege !nden, etwa die Münzprägungen der
verschiedenen Emire, viele mit einem christlichen Bezug im Münzbild.
Die persische Hegemonie in Mesopotamien, Syrien und Ägypten war auf
regionale Vasallen gestützt gewesen. Die Niederlage gegen den Kaiser hatte
zwar die persische Hauptmacht und das sassanidische Herrscherhaus vernichtet,
die Emire von Mesopotamien bis Ägypten jedoch unbeschädigt gelassen.
Byzanz behielt als starke Seemacht lediglich die Häfen sowie einige wenige
religiös wichtige Orte wie Jerusalem und Damaskus und schloss im Stile der
altbekannten foederati, arabisch quraish, Vasallenverträge mit lokalen Fürsten.
Herakleios hatte zwar versucht, einen theologischen Ausgleich mit dem
Osten zu erzielen, aber seine Kompromissformeln waren abgelehnt worden.
Es half auch nichts mehr, dass sein Nachfolger Konstans II. die Ekthesis, die
Glaubensformeln, die 646 sogar zu Aufständen in Nordafrika geführt hatten,
648 aus der Hagia Sophia entfernen liess – Ägypten und Syrien waren für
Byzanz vollends verloren.
Praktisch von einem Tag auf den anderen waren die arabischen Emire jetzt
ihre eigenen Herren, sie waren plötzlich Teil einer Großmacht, und das ohne
Kämpfe. Kein Wunder, dass die arabischen Christen in Ägypten oder Syrien
kooperierten: Sie hatten es nun nicht mehr mit Feueranbetern oder der verhassten
Reichskirche zu tun, sondern mit Leuten, die ihre Religion teilten.
Das Land von Ägypten bis Persien war nun plötzlich arabisch dominiert,
man war wie durch ein Wunder den Schraubstöcken Byzanz’ und Persiens
entronnen. Das Jahr 622 wurde so zur wichtigsten Jahreszahl des frühen
79 Auch der Koran bezeichnet den Perserkönig irrtümlich ( ? ) als „Pharao“.
Von Jesus zu Muhamad 121
Arabiens. Es wurde als so wichtig und einschneidend begri!en, dass das Jahr
des Sieges der Christen über die Feueranbeter und der damit verbundene Aufstieg
der Araber – 20 Jahre später – als der Beginn einer neuen Zeitrechnung
festgesetzt wurde (wobei das byzantinische Steuerjahr als quasi internationale
Zeitrechnung weitergeführt wurde, was der Wissenscha" ein unschätzbares
Instrument an die Hand lieferte). Selbstverständlich folgte diese arabische
Zeitrechnung dem Sonnenkalender.
Nach der islamischen Tradition war ein arabischer Prophet namens Mohammed
622 von der Stadt Mekka nach Medina ge#ohen, und dieses Datum hatte
den Beginn einer neuen islamischen Zeitrechnung markiert. Diese folgte dem
Mondkalender. Nur, niemand benutzte diesen Mondkalender, sondern den
Sonnenkalender „nach der Zeit der Araber“. Nirgendwo ist der Name des Propheten
noch der seiner neuen Religion genannt. Nach islamischer Tradition
hatte Muhamad einen Brief an Kaiser Herakleios gesandt mit der Au!orderung,
zum Islam überzutreten. Aus byzantinischen Quellen wissen wir nichts
über dieses Angebot. Nicht weiter verwunderlich, denn wir können mit großer
Sicherheit annehmen, dass Herakleios von dem Gründer einer völlig neuen
Religion, der ihm noch zu Lebzeiten sein halbes Reich und seine heiligen
Stätten weggenommen haben soll, nie gehört hatte. Seine Schreiber und die
Betro!enen hätten uns mit Sicherheit davon erzählt.
Das christlich-arabische Großreich entsteht
Nach dem Zusammenbruch bzw. dem Rückzug der Hauptmächte brach eine
unruhige Zeit an, die durch die Positionskämpfe der einzelnen Emire gekennzeichnet
war. Die islamische Geschichtsschreibung stilisiert diese internen
Positionierungs-Scharmützel zu einem glorreichen Eroberungskrieg der
Muslime. Die wissenscha"liche Geschichtsforschung weiß allerdings nichts
vom Sieg der Muslime bei Gabitha, auch die „große Entscheidungsschlacht“
am Jordan (Yarmuk) der Muslime gegen Byzanz ist unbelegt. 639, also noch
zu Lebzeiten des Herakleios ( ! ), sollen die Truppen Muhamads Damaskus
erobert haben – auch dafür gibt es nicht den geringsten historischen Beleg.
Nach islamischer Tradition soll 640 Amr ibn As mit der grünen Flagge des
Propheten an der Spitze eines muslimischen Heeres in Kairo eingezogen
122 Norbert G. Pressburg | Good Bye Mohammed
sein – und auch darüber schweigen sich die Quellen der Zeit aus. Es existiert
allerdings von Maliks Bruder Aziz, Emir in Ägypten, eine auf das Jahr 690
datierte Inschri! an einer Brücke von Fustat (Alt-Kairo), die mit der Floskel
„Amen“ endet.
Der Erste, der die Chance zur Gründung eines neuen Großreiches, das Persien
und die ehemaligen arabischen Besitzungen Byzanz’ umfassen sollte, wahrnahm,
war Maavia. Eine Neuau"age des Persischen Reiches unter Einschluss
der Araber, nichts weniger strebte er an, beinhaltete natürlich die Wiederaufnahme
des sassanidischen Kampfes gegen Byzanz.
662 kehrte Kaiser Konstans II. seiner Hauptstadt Byzanz den Rücken. Nicht
nur hatte er sich mit der gesamten östlichen Christenheit zerstritten, seine
höchstkaiserlichen Au#assungen wurden zu allem Über"uss auch noch als
Häresie abgekanzelt – von Maximus dem Bekenner, dem ein"ussreichsten
$eologen seiner Zeit (was dieser allerdings mit der lebenslangen Verbannung
auf die Krim bezahlte).
Konstans II. also machte die Drohung des Herakleios wahr und verlegte
seine Residenz nach Syrakus auf Sizilien – dem östlichen Reich drohte somit
Vernachlässigung.
Im selben Jahr, 662, wurde Maavia in Darabgerd, Südiran, zum Amir
al-Muminin gewählt. In dieser Eigenscha! herrschte er bald über Persien
und den ehemals byzantinischen Osten. 663 nahm er in persischer Tradition
wieder Kriegszüge gegen Byzanz auf.
Seine Residenz war Damaskus mit dem wichtigsten Heiligtum und Pilgerzentrum
der Zeit, der Johannesbasilika mit dem Haupt Johannes des Täufers
als Reliquie. Die wichtigste Inschri!, die von Maavia erhalten ist, haben wir
bereits oben kennengelernt, den Stein von Gadara (Israel), eine griechische
Inschri!, mit dem Kreuzzeichen beginnend, die seinen Titel nennt: Amir al-
Muminin. Exakt derselbe Titel %ndet sich von ihm in Persien in persischer
Sprache. Wie wir gesehen hatten, bedeutet er „Oberster Schutzgewährer“, die
gängige Übersetzung „Führer der Gläubigen“, oder gar „Führer der Muslime“,
ist ohne irgendeine Basis. Maavia war ursprünglich quraish, also Verbündeter
und Lehensherr des Kaisers, wurde aber zum Verräter, weil er als Byzantinerfreund
die Unterstützung im persischen Teil seines Reiches verloren hätte.
Maavia prägte auch Münzen in Jerusalem, die Figuren mit dem Kreuzglobus
in der Hand darstellen.
Von Jesus zu Muhamad 123
Er ist unter dem Namen Muawiya eine der wenigen historisch fassbaren
Personen im bunten Reigen traditioneller Darstellungen des frühen Islam.
Die Wissenscha! weiß nichts Gesichertes über seine Herkun!, die islamische
Geschichtsschreibung aber weiß es: Muawiya sei 603 in die ein"ussreiche Sippe
der „Omayaden“ vom Stamme der Kuraisch in Mekka geboren worden, 630
sei er zum Islam konvertiert und habe dem Propheten als Sekretär gedient.
Dann sei er zum Kalifen von Medina ernannt und 639 vom Kalifen Umar als
Statthalter von Damaskus eingesetzt worden. Unter seiner Führung seien die
Feinde des Islam besiegt worden, dazu sei er aus mehreren Schlachten siegreich
hervorgegangen, was ihm das Kalifat eingebracht und zur Abspaltung der
Schiiten unter dem „rechtmäßigen Kalifen“ Ali geführt habe …
Zu den Fakten:
Die Schwäche der Perser war die Seekriegsführung gewesen, weshalb sie
letztlich immer vor Konstantinopel – wie auch früher schon vor Athen –
gescheitert waren. Maavia hatte nun durch den Besitz Ägyptens und Küstensyriens
die Möglichkeit, eine Flotte einzusetzen. Nach der schrittweisen
Eroberung einzelner Inseln auf dem Weg nach Konstantinopel errichtete er
672 eine Flottenbasis in der Nähe der byzantinischen Hauptstadt, und als
er 674 zum Angri# schritt, erlitt er eine fürchterliche Niederlage vor den
Mauern der Stadt. Der Feldzug endete in einem Desaster, trotzdem machte
nach islamischer Darstellung der „Kalif Muawiya“ das Byzantinische Reich
tributp"ichtig für die Muslime. Genau das Gegenteil ist wahr. Maavia musste
sich den Frieden mit Byzanz erkaufen und erklärte sich zu einem jährlichen
Tribut von 3 000 Goldstücken nebst Sklaven und Pferden bereit.
Dies brachte eine starke Opposition im Osten zustande, die Maavia absetzte.
Maavia behielt einige Gebiete im Westen, ver$el in Bedeutungslosigkeit,
über sein Ende ist nichts bekannt (die islamische Tradition kann allerdings
mit Details aufwarten).
Fazit: Der muslimische „Kalif“ Maavia war in Wirklichkeit arabischer
Christ.
Der Nachfolger Maavias, Abd al-Malik, stammte aus Marw in der ostpersischen
Provinz Chorasan (heute Turkmenistan). Wie Münzinschri!en belegen,
gelangte er 681 an die Macht, musste aber schon vorher ein bedeutender
Akteur im Osten gewesen sein. Maliks Herrscha! war auf innere Konsolidierung
gerichtet, daher erneuerte er den Tributvertrag mit Byzanz zu wesentlich
124 Norbert G. Pressburg | Good Bye Mohammed
höheren Zahlungen. Malik wollte dem Kaiser, vielleicht aus Überzeugung,
vielleicht aus Mangel an militärischen Optionen, auf religiösem Gebiet Paroli
bieten. Seine Regierungszeit war friedlich, und in seiner Zeit blühte der sogenannte
„Muhamadismus“ auf.
Sassanidischer Tradition entsprechend symbolisierten Münzen immer die
Ideologie des Herrschers. Das war bei Malik der muhamad, der „Gepriesene“.
Ab 660 tauchten Münzen aus Persiens östlichen Provinzen mit dem Logo
muhamad auf, in Kombination mit christlichen Symbolen oder weiteren Nennungen
wie abd Allah (Diener Gottes) oder nam (selig).
Der muhamad war allerdings kein Name, sondern ein Titel, wie wir inzwischen
wissen. Malik selber sagt uns unzweideutig in der Inschri! seiner Kirche
am Ort des alten Tempels in Jerusalem, im „Felsendom“, wer der muhamad
war: Isa bin Mariyam – Jesus, Sohn der Maria.
Der Kaiser von Byzanz als Vorsteher der Reichskirche hatte die Hagia Sophia,
Malik als Vorsteher der arabischen Kirche hatte keinen monumentalen
Sakralbau. Die Zeit drängte, denn für den Jahreswechsel 699 / 700 wurde der
Weltuntergang und die Rückkehr des Messias erwartet. Ihn wollte er in der
neuen Kirche an der Stelle des alten salomonischen Tempels erwarten. Er nahm
den Bau des „Felsendoms“ in Jerusalem in Angri", den er 694 abschloss. Der Felsendom
mit seinem achteckigen, christologisch-symbolha!en Grundmuster 80
ist das Paradebeispiel syrisch-byzantinischer Kirchenarchitektur und wurde
ohne Zweifel als christliche Kirche gebaut. (Die Annahme, Karl der Große habe
beim Bau seiner in den Grundelementen identischen Pfalzkapelle in Aachen
eine muslimische Moschee kopiert, ist nicht sonderlich realistisch.)
Im Inneren der Hagia Sophia hatte Herakleios sein Glaubensbekenntnis im
Sinne der Dreieinigkeit anbringen lassen, in seiner Kirche am Ort des Tempels
verewigte Malik sein Glaubensbekenntnis (Voller Wortlaut S. 64):
„Es gibt keinen Gott außer Gott allein, er hat keinen Teilhaber.“
„Gelobt sei der Knecht Gottes und sein Gesandter.“
„Jesus Christus, Sohn der Maria, ist der Gesandte Gottes.“
„So glaubt an Gott und seinen Gesandten und sagt nicht Drei.“
Dies ist ein christlich-monophysitisches Glaubensbekenntnis reinsten Wassers.
Malik lehnt die Dreieinigkeit ab („so sagt nicht Drei“), für ihn ist Jesus
der muhamad rasul, der „gepriesene Prophet“, aber nicht der Sohn Gottes.
80 Vgl. hierzu „Die Kirche am Tempelberg“, S. 71.
Von Jesus zu Muhamad 125
Eine Münze Maliks unterstreicht das religiöse Fundament seiner Kirche am
Platze des alten Tempels: Sie bildet den siebenarmigen Leuchter ab zusammen
mit der Inschri! „Es gibt nur einen Gott“ (la ilaha illa ’lah). Er sieht sich als
Erneuerer Zions in der wahren Tradition Davids. Diese Tradition ist auch
im späteren Islam ha!en geblieben, nur wurde David mit dem Allzwecktitel
„Prophet“ ausgestattet. Der Leuchter mit den sieben Armen der Primzahl 7
wandelte sich bald zu fünf Armen der Primzahl 5, wohl um eine Distanz zum
jüdisch/judenchristlichen Komplex zu scha"en.
Der muhamad stammt aus dem Osten des Persischen Reiches
Malik hatte also den Osten seines Reiches verlassen und war nach Westen
gezogen, nach Jerusalem. Das mit den verschleppten Arabi in den Osten verschlagene
muhamad-Motto war mit ihm vom Osten nach dem Westen gewandert
und tauchte in der Folgezeit auf Prägungen in Syrien und Palästina auf.
In Nordafrika fand der muhamad ebenfalls Verbreitung, nur in Ägypten, im
Bereich der koptischen Kirche, tat sich das muhamad-Konzept schwer. Der
„Muhamadismus“ im Sinne des Gepriesenen (Jesus) war das bestimmende
Merkmal der Zeit Maliks. Seine Anhänger wurden für das Ausland die
„Muhamedaner“, womit zu jener Zeit keineswegs Muslime gemeint waren.
Gerade in Maliks Münzen sieht man traditionellerweise einen Nachweis,
dass es sich bei ihm um einen islamischen Kalifen gehandelt habe. Mit dem
Aufscheinen von muhamad sei klarerweise der Prophet gemeint, außerdem
sei eine häu#g au!auchende Figur mit Schwert („standing caliph“) und der
Erwähnung halfat Allah die Darstellung des Kalifen selber.
Es gibt eine ganze Reihe solcher „Stehenden Kalifen“. Es sind typisierte
Darstellungen und nur gelegentlich #ndet sich die Nennung des Herrschers,
regelmäßig aber die Nennung MHMD oder ausgeschrieben muhamad (un).
Der „Stehende Kalif“ ist in Wirklichkeit der „Gepriesene“, nämlich Jesus. Er
hält stets ein überdimensionales Schwert in der Hand, ein Richtschwert, auf
einigen Darstellungen deutlich als Flammenschwert zu erkennen. Das ist die
Rolle, die Malik ihm zugedacht hat: Der eschatologische Jesus, der als Verkünder
Gottes (Halifat Allah) alsbald auf die Erde zurückkehren wird, um am
Jüngsten Tage Recht zu sprechen.
O! #ndet sich auf Maliks Münzen eine „Leiter“, so manche Interpreten.
126 Norbert G. Pressburg | Good Bye Mohammed
Dieses Gebilde !ndet sich auch auf byzantinischen Münzen mit dem byzantinischen
Kreuz obendrauf (an drei Kreuzenden sitzt rechtwinklig ein weiteres
Holz, manchmal noch eine weitere Querachse). Auf Maliks Münzen fehlt dieses
Kreuz, manchmal ersetzt durch eine Kugel oder einen Kreis. Dies wird nun
traditionellerweise so interpretiert, dass Malik als muslimischer Herrscher das
Kreuz entfernen ließ. Nach moderner Interpretation ist das Verschwinden des
byzantinischen Kreuzes jedoch Teil der ideologischen Auseinandersetzung
und eine Rückbesinnung auf die Tradition anikonischer Stein idole. Denn die
„Leiter“ stellt ohne Zweifel die Yegar Sahadutha dar, die alttestamentliche
Steinpyramide im Zusammenhang mit der Jakobslegende, die zum Allerheiligsten
führt. Gut möglich, dass Malik darin jenen Stein sah, über dem er seine
Kirche auf dem Tempelberg baute. Denn dies war ja der Platz, wo Jesus mit
dem Flammenschwert zum großen Gericht erwartet wurde.
Auch im Westen seines Reiches, in Nordafrika, weisen Maliks Münzen die
Yegar Sahaduta auf, zusammen mit seinem monophysitischen Programm in
Latein: In nomine domini non deus nisi deus solus non est alius. (Im Namen
des Herren, es gibt nur einen Gott allein und er hat keinen Teilhaber.)
Es erhebt sich auch die Frage, warum Titel häu!g genannt werden (muhamad,
abd Allah etc.), ohne denjenigen, der gemeint war, gleich beim Namen
zu nennen. Es ist die vom Respekt diktierte Scheu der Zeit, große heilige
Namen nicht leichtfertig auszusprechen. Dies ist schon aus dem alten Testament
bekannt, von den Nabatäern wissen wir nicht einmal den Namen ihres
höchsten Gottes, lediglich den Titel (Dusares). Der „Gesalbte“ (also „Christus“)
ist genauso ein Titel wie es „muhamad“ ist. Auch weltliche Herrscher
der Zeit bevorzugten solche Titel, und zwar bewusst herabstufende. 629 legte
Herakleios den Titel „autokrator“ ab und ließ sich bescheiden als „basileus“
(König) titulieren. Justinian II. nahm gar „servus Christi“ (Diener Christi)
als Haupttitel an, genauso wie die „Knechte Gottes“ Maavia und Malik. Eine
Reihe von Herrschern ist uns nur vom Titel, der ihr geistliches Motto ausdrückt,
bekannt, nicht aber vom Namen her.
Und letztlich bilden die Münzen der „Omayaden“ die Palette der gängigen
christlichen Symbole ab: Fisch, Kreuz, Palme, Agnus Dei (Lamm Gottes) 81
und, wenn auch mit etwas ideologischem Abstand, die alttestamentliche Steinpyramide.
81 In einer traditionellen Münzbescheibung „Viebeiner“ genannt
Von Jesus zu Muhamad 127
Links oben auf einer syrischen Prägung das erzchristliche Symbol des Fisches mit einem
erweiterten muhamad-Motto: „Gepriesen sei der Apostel Gottes“
Rechts oben trägt der Herrscher das Reliquiargefäß mit dem Haupte Johannes des Täufers.
Auf der Rückseite über der Wertangabe anstatt des üblichen Kreuzes das christlich-arabische
Symbol der Palme. Es steht für die Geburt Jesu unter der Palme.
Links unten die Darstellung einer Figur in byzantinischer Tradition mit dem Kreuz und der
Aufschrift Amman. Auf der Rückseite die Wertangabe M (= 40 Nummia), darunter das
muhamad – Motto des Gepriesenen.
Rechts unten: Christlich-arabischer Herrscher mit Kreuzglobus und dem Kreuz über der
Wertangabe.
Alle abgebildeten Münzen stammen aus der Zeit der „Omayaden“.
128 Norbert G. Pressburg | Good Bye Mohammed
Nirgendwo in zeitgenössischen Relikten oder Dokumenten kommt die Nennung
von Muslimen oder Islam im Sinne einer neuen Religion in Arabien vor.
Und das, obwohl nach islamischer Tradition zu dieser Zeit bereits der gesamte
Orient islamisch gewesen sein soll. Gerne wird als Beleg für die Existenz des
Islam im 8. Jahrhundert Johannes Damascenus 82 genannt. Der spricht aber
nicht – man muss einfach nur mal hinschauen – von „Muslimen“, sondern
von der „Häresie der Ismaeliten“. Häretiker sind diejenigen, die die o!zielle
Glaubenslinie verlassen haben – das war von der Reichskirche aus gesehen bei
der arabischen Kirche Maliks der Fall –, es sind aber niemals Anhänger einer
anderen Religion. Es ist Usus geworden, „Araber“ mit „Muslimen“ gleichzusetzen,
obwohl es dafür keine historische Rechtfertigung gibt.
Der Begri" „Muslime“ ist zum ersten Mal für das Jahr 753 auf einer persischen
Münze nachgewiesen. Er bedeutete jedoch keine spezielle Religionszu-
82 Bonifatius Kolter (Hrsg), „Die Schriften des Johannes von Damaskus“, Berlin 1981.
„Standing Caliph“
Es gibt zahlreiche Münzen mit diesem Motiv. Traditionellerweise wird darin ein Kalif oder
Muhamad selber gesehen. In Wirklichkeit stellt die Figur den eschatologischen Jesus mit dem
Richtschwert dar, dessen Rückkehr in naher Zukunft erwartet wurde. Die Darstellung folgt
immer dem gleichen Prinzip.
Links oben: Neben der Figur das muhamad-Motto und die Münzstätte Harran. Die Vorderseite
zeigt das staatsreligiöse Symbol des „Steins“ in der Form der „Yegar Sahaduta“ in
Zusammenhang mit der alttestamentlichen Jakobs-Legende.
Rechts daneben: Münze aus dem Jahr 696 in persischem Stil. Sie zeigt Jesus mit dem
Flammenschwert und dem Titel „Halfat Allah“ (Verkünder Gottes).
Ganz rechts: Die erste Goldmünze des arabischen Reiches aus der Zeit Abd al-Maliks, den
eschatologischen Jesus darstellend.
Von Jesus zu Muhamad 129
gehörigkeit, sondern bezeichnete diejenigen, die nach der Übereinstimmung
(„Islam“) mit dem Alten Testament und den Evangelien streben, statt sich
durch theologische Streitereien vom ursprünglichen Text zu entfernen.
In seinem Aufruf zum ersten Kreuzzug 1096 sprach Papst Urban II. von
der Rückgewinnung des Heiligen Landes für den Katholizismus und von der
Neubesiedelung. Er skizzierte Palästina als das Land der Bibel, „wo Milch und
Honig !ießt“. Viele Kreuzfahrer nahmen ihre Familien mit und waren fast
vom Schlag getro"en, als sie dann der heißen Steinwüste ansichtig wurden.
Urban sprach über „Gottlose“ im Allgemeinen, verlor aber kein konkretes
Wort über Muslime und ihre Religion. Hätte er sie gekannt, so kann man
erwarten, hätte er Ross und Reiter genannt.
Viele für uns typisch muslimisch anmutende Begri"e sind schlicht arabisch,
sie hatten bis gegen Ende des ersten Jahrtausends nichts spezi#sch
Islamisches an sich:
Allah: Sehr frühe aramäische Bezeichnung für „Gott“ allgemein und noch
heute gebräuchlich bei arabischen Christen.
Muhamad: Der Gepriesene, Christus.
Abd Allah: Diener Gottes.
Rasul: Prophet.
Mahdi: Messias.
Bismillah: Im Namen Gottes.
Bismillah rahman rahim: Im Namen des gnädigen und barmherzigen Gottes.
(Das Original auf arabischen Münzen Afrikas lautet: In nomine dominis
miseriscordis.)
La illah ilallah: Es gibt keinen Gott außer Gott allein. Dies ist die wörtliche
Übersetzung der lateinischen Formel „Non deus nisi deus solus“ – beides zu
#nden auf arabischen Münzen, die leichtfertig als islamische tituliert wurden.
Diese Formeln und viele andere mehr sind ursprünglich Begri"e der arabischen
Christenheit. Man muss sich von der Vorstellung trennen, dass das
Au$auchen eines dieser Wörter notwendigerweise etwas mit der Religion des
Islam zu tun habe oder seine Existenz geradezu belege. Erst später erlangten
diese Begri"e eine spezi#sch islamische Zuordnung, und dies in o$ seltsam
undi"erenzierter Form, wie das Beispiel des Mahdi zeigt.
Der Mahdi, der Messias und Erlöser, ist bei den arabischen Christen damals
wie heute Jesus. Im Koran ist der Mahdi ebenfalls Isa bin Mariyam. Obwohl mit
130 Norbert G. Pressburg | Good Bye Mohammed
Muhamad die Kette der Propheten abgeschlossen sein soll, erwartet die Hauptströmung
des sunnitischen Islam trotzdem eine weitere Ankun! eines Messias,
ohne diesen jedoch zu spezi"zieren und ohne seinen Bezug zum endgültigen
Propheten Muhamad zu de"nieren. Es gab bereits zahlreiche Mahdis, die jedoch
nie über lokale Bedeutung hinauskamen. Der berühmteste war Muhamad
Ahmad, der im Sudan von 1881 bis 1885 gegen die Engländer kämp!e 83 und
einen Gottesstaat in Omdurman errichtete, der 1898 von den Engländern beseitigt
wurde. Der letzte bekannt gewordene sunnitische Mahdi war 1930 Master
Wallace Fard Muhammad, Gründer der „Black Muslims“ in den USA.
Bei den Schiiten (den „Zwölferschiiten“) ist der erwartete Mahdi an eine
bestimmte Person gebunden: an den verborgenen zwöl!en Imam Muhamad
al-Mahdi, nach der Verfassung des Iran von 1979 das o#zielle Staatsoberhaupt,
bis zu seiner Ankun! vertreten von den Ayatollahs.
Muhamad al-Mahdi – oder vielleicht doch der gepriesene Messias ?
Während Paulus mit seiner Interpretation das Christentum aus dem Orient
verabschiedete und es romanisierte, während Byzanz die Orthodoxie begründete,
schuf Malik eine selbstständige arabische Kirche. Natürlich war er Christ,
wie es alle Marwiden (vulgo „Omayaden“) und die ersten der nachfolgenden
„Abbasiden“ waren. Der muhamad war sein Hausheiliger, der Felsendom sein
haram.
In der islamisch-historisierenden Literatur des 9. Jahrhunderts hatte
al-Walid von Mekka aus Mesopotamien erobert und war auf den Spuren Abrahams
erobernd in Syrien und Palästina eingefallen, wobei er die legendenha
!e Schlacht am Yarmuk schlug. Die islamische Tradition unterstellt eine
Südnordrichtung der Expansion des Muhamad, in Wirklichkeit wanderte der
muhamad vom Osten nach dem Westen. Mit ihm zogen zahlreiche christliche
Araber, die einst verschleppt worden waren oder ihr Land unter dem Drucke
der byzantinischen Reichskirche hatten verlassen müssen, in ihre angestammte
Heimat zurück: Das ist eine Hijra, gut vorstellbar als die geschichtliche Vorlage
zur legendenha!en hijra des Propheten von Mekka nach Medina.
83 Diese Episode erzählt der Film „Khartoum“, 1966.
Von Jesus zu Muhamad 131
Zahlreiche Kalifen haben nie existiert
Al-Walid (der „Gröfaz“ der Eroberungsliteratur) war ein Sohn Maliks. Er schuf
sich in der persischen Tradition eine eigene Residenz, und zwar in Damaskus.
Er vergrößerte den Bezirk des Heiligtums des Johannes des Täufers aus der
Zeit Maavias und baute einen neuen heiligen Bezirk. Das, was heute unter
„Omayadenmoschee“ !rmiert, wurde ohne Zweifel von Walid als arabischchristliche
Verehrungsstätte gebaut. Unter anderem brachte er den so gründlich
missverstandenen Spruch an: „In der Religion herrscht kein Zwang.“ Dies
war kein Spruch aus dem Koran, wie die Tradition das sieht, vielmehr gelangte
dieser Spruch später in den Koran, außer – wiederum – man schließt sich der
Meinung Luxenbergs von der Existenz eines aramäischen Urkoran an. Walid
wandte sich damit gegen das kaiserliche Religionsdiktat – und rückte vielleicht
auch vom Eiferertum seines Vaters ab. Sein Bruder Hisham übernahm das
Heiligtum des Sergios, eines populären syrischen Soldatenheiligen, in Rufasa.
Mit Hisham ging die Herrscha" der Marwiden 750 zu Ende.
In der islamischen Tradition sind die Marwiden die „Omayaden“ aus
Mekka – wiederum jeglichen historischen Beleg schuldig bleibend. Allerdings
scheint der islamischen Tradition die Sache mit den Omayaden nicht
ganz geheuer gewesen zu sein, denn einige von ihnen werden als nicht gerade
beispielha"e Muslime beschrieben. So soll der „Kalif Abd al-Malik“ versucht
haben, die Teilnehmer an der muslimischen Wallfahrt, der Hadj, von Mekka
weg nach Jerusalem zu lotsen.
Selbstverständlich führten die Pilgerfahrten in der Zeit Maliks nach Jerusalem,
es war mit seinem Felsendom das religiöse Zentrum der arabischen Christen.
Maliks gesamte Zielsetzung, auch persönlich von ihm nachvollzogen, war
die Rückkehr ins Gelobte Land,84 wo das Weltende abgewartet werden sollte.
Um darauf vorbereitet zu sein, sollten sich die Christen der Übereinstimmung
mit der Schri" be#eißigen – das war das Verständnis von islam –, um nicht
im Streit dem Messias gegenübertreten zu müssen.
Ein weiterer „Omayaden-Kalif“, Umar II., hat uns der islamischen Geschichtsschreibung
zufolge die Anweisung hinterlassen, was Ungläubige
gegenüber Muslimen dür"en und was nicht. Von Umar hat die Forschung
allerdings kein Lebenszeichen und auch er ist wahrscheinlich ins Reich der
Legenden zu verweisen. Von den 14 in der Traditionsliteratur aufgeführten
84 Zion, Falastin in Münzlegenden.
132 Norbert G. Pressburg | Good Bye Mohammed
„Omayaden-Kalifen“ sind nach gegenwärtigem Stand zumindest acht als nicht
belegt von der Liste zu streichen. Die Er!ndung der Kalifen Marwan I. und
Marwan II. im traditionellen Bericht zeigt das prinzipielle Nichtverstehen
des dynastischen Grundkonzepts. Die persische Wurzel MRW wurde falsch
verstanden oder bewusst verdreht und aus dem Ursprungsort der Dynastie,
Marw in Ostpersien, eine Person namens Marwan gemacht, selbstverständlich
aus Mekka und aus dem Umkreis des Propheten stammend. Grund für solche
Fehlleistungen waren der Wunsch nach einer bestätigenden Darstellung um
jeden Preis, also schlicht Geschichtsfälschung, aber auch die Diskrepanzen,
die sich bei der nachträglichen Rückrechnung vom arabischen Sonnenkalender
in den Mondkalender der Hijra-Zeit ergaben und die kaschiert werden
mussten. Lücken wurden nach Gutdünken aufgefüllt, absolut kein Einzelfall
der Geschichtsschreibung früherer Tage. 85
756 soll nach islamischer Tradition ein weiterer Omayade, ein gewisser Abd
al-Rahman, das islamische Kalifat in Sevilla gegründet haben. Dass wenig
später ebendort eine Synode abgehalten wurde, scheint nicht weiter zu stören.
Auch nicht die höchst befremdliche Behauptung, dass der byzantinische Kaiser
für den Bau der omayadischen Moschee in Granada 140 Säulen gespendet
haben soll.86 Den Teufel hätte er für eine Moschee gespendet.
Der Übergang von den „Omayaden“ zu den „Abbasiden“ ist auch religiös
als Übergangszeit zu sehen, obwohl der große Einschnitt erst nach Mamun
erfolgte. Der erste „Abbaside“ baute 756 ein Heiligtum in Medina, das heutige
„Prophetengrab“. Auch er brachte noch christologische Bekenntnisse an, aber
Maria und Jesus treten bereits in den Hintergrund. Allmählich über"ügelte
das Heiligtum von Medina jenes von Damaskus an Bedeutung.
Das 7. und 8. Jahrhundert, also präzise die Zeit der behaupteten islamischen
Eroberungen, war die Blütezeit der arabisch-syrischen Kirche. Zahlreiche
Neubauten von Kirchen entstanden, die bekanntesten sind der Felsendom in
Jerusalem und die Johannesbasilika in Damaskus. Missionierungen reichten
über die Grenzen Persiens hinaus bis nach China. #eologisch fand in der
arabischen Kirche eine Loslösung vom Gottmenschen Jesus und den damit
zusammenhängenden philosophischen Problemen der griechischen Tradition
85 In der Bibel erreichen manche Persönlichkeiten deshalb ein ungeheueres „biblisches Alter“, weil die genaue
Genealogie in Vergessenheit geraten war und die Lücken mit expandierter Lebenszeit gefüllt wurden.
86 Burchard Brentjes, „Die Mauren“, Leipzig 1989.
Von Jesus zu Muhamad 133
statt. Vielmehr spricht Gott durch die verschiedenen Propheten, von denen
auch Jesus einer ist. Die griechische Kirche wurde Schritt für Schritt quasi
nationalisiert.
Für das antike Verständnis war es das absolute Minimum, dass ein Gottessohn,
wenn schon nicht göttlich gezeugt, so doch zumindest einer Jungfrauengeburt
entstammen musste. Marias Ehemann Joseph wurde folgerichtig in der
christlichen Tradition fast bis zur Unsichtbarkeit an den Rand der Geschehnisse
gerückt, aber die Mutter selber in Heiligenstatus versetzt. Im Koran wird
Joseph mit keiner Silbe erwähnt.
Die Araber drückte der Schuh ganz woanders: In ihrem sozialen Verständnis
konnte für eine bedeutende Persönlichkeit keine Frau eine derart zentrale
Bedeutung einnehmen, es musste eine männliche Linie her, und zwar eine eindrucksvolle.
Durch Uminterpretation des abd Allah wurde des muhamads Vater
als Abd Allah dingfest gemacht und im weiteren Verlauf der Muhamad mit
einer beeindruckenden Ahnenreihe versehen, die ihn in die Nähe Abrahams
rückt: Muhamad wird direkt mit Abraham verlinkt, die „Omayaden“ gehen
auf einen Omar zurück, die „Abbasiden“ auf einen Abbas, beide stammen aus
dem unmittelbaren Umfeld des Propheten. Wenn das keine Legitimierung ist ! 87
Allerdings bleiben uns die Konstrukteure jeglichen Nachweis schuldig.
In dem kulturell disparaten Raum war die syro-aramäische Sprache das verbindende
Element. Das ging so weit, dass sogar in Persien zahlreiche o!zielle
Dokumente in Aramäisch verfasst wurden. Auch politisch war der Raum
di"erenziert und meist unruhig. Die Zentralgewalt reichte nicht wesentlich
über die größeren Städte hinaus, in den Provinzen trugen die kleineren und
größeren Emire ihre Machtkämpfe aus. Mit der Erosion der Macht der Marwiden
erodierte auch die Stellung des muhamad. Ein Grund dafür dür#e
die enttäuschte Messias-Erwartung gewesen sein. Dem Konzept des muhamad,
des „Gepriesenen“, stellte sich das Konzept von Jesus als wali-Allah, des
„Stellvertreters Gottes“ entgegen, zwei Konzepte, die damals o"ensichtlich
sehr verschieden verstanden wurden. Der wali-Allah ist mit dem Titel des
„Hervorragenden“ (ali) verbunden und wird zum Vollstrecker des Willens
Gottes im Stile eines persischen Ritters. So wie sich der muhamad zu einer
87 Saddam Hussein sorgte in der arabischen Welt für Aufregung, als er König Hussein von Jordanien
als „Cousin“ ansprach. Dies wurde als der Versuch gewertet, sich in die Familie des Propheten
einzuschleichen, auf die sich ja die Haschemiten-Dynastie König Husseins zurückführt.
134 Norbert G. Pressburg | Good Bye Mohammed
Person verselbständigte, tat dies der ali. Daran entzündete sich ein Streit, der
zur Abspaltung (shia) der Partei des ali führte: die heutigen Schiiten. Wie der
Muhamad ist auch der Ali in Persien 88 entstanden, kam aber bis auf den heutigen
Tag nie richtig über seine Heimat hinaus. Der erste nach-marwidische
Herrscher dür!e ein Alide gewesen sein. Wir kennen seine Münzen, seinen
Namen verrät er uns allerdings nicht. Die islamische Tradition indes kennt ihn:
Es sei ein Abbas, der selbstredend der Familie des Propheten entstammt. Die
„Abbasiden“ kamen zu einem ebenso dubiosen Namen und einer historisch
großenteils nicht gesicherten "ronfolge wie vor ihnen die „Omayaden“.
Das muhamad-Motto der Marwiden wurde abgelöst durch eine Anzahl
weiterer Titel, unter deren Motto die Herrscha! für den verborgenen Jesus
ausgeübt wurde. Der Regent stellte seine o! anonyme Herrscha! unter ein
Prädikat Jesu: al-hadi (Heiland), mardi (der geliebte Sohn), harun (der Gerechte),
mansur (der Siegreiche), mahdi (der Erlöser) und andere Titel mehr.
Auch Moses und der wegen seiner Redegewalt von Gott ihm als khalif, „Verkünder“,
beigegebene Aaron sind als Programm und nicht als Name aufzufassen.
Es sind zutiefst christologische Programme und Titel, die islamische
Tradition hat diese kurzerhand zu Herrschernamen umfunktioniert. Es gab
mit Sicherheit keine „Kalifen“ al-Mansur, al-Mahdi, Musa al-Mahdi oder al-
Sa#ah, und die ersten „Abbasiden“ waren mit Sicherheit Christen.
Auch die Geschichtlichkeit des Prototyps eines märchenha!en islamischen
Potentaten, des berühmten Harun al-Rashid, ist bedroht. Hat doch eine Frau,
eine Zubayda, während der Zeit seiner angeblichen Regentscha! 13 Jahre lang
ihre eigenen Münzen emittiert. Hat sie unter dem Motto des „gerechten Verkünders
Aaron“ regiert ?
Einen bedeutenden Machtfaktor am Hof der „Abbasiden“ stellten über
Generationen hinweg die Barmakiden dar. Diese waren buddhistische Tempelvorsteher
in Bagdad, zugewandert aus den Ostprovinzen des persischen
Reiches; ihr Name leitet sich von dem Titel „Parmak“, dem Vorsteher des buddhistischen
Hauptklosters von Nawbahr, ab. Sie fungierten unter mehreren
Herrschern als Wesire und waren wesentliche Teilhaber an der Macht – wenn
einige von ihnen nicht gar die Herrscher selber waren.
88 Der ali im Süden, der muhamad im Osten.
Von Jesus zu Muhamad 135
Aus dem Titel muhamad wird der arabische Prophet Muhamad
Ein bemerkenswerter Regent war der Nachfolger Zubaydas, al-Mamun (786–
833, mit Vorbehalt). Nach mehr als zehnjährigem Aufenthalt in Chorasan,
Ostpersien, zog er, nachdem er sich wohl eine Hausmacht gescha!en hatte,
825 nach Bagdad und beseitigte den Regenten, seinen Halbbruder Amin ( ? ).
Al-Mamun fand eine geistig lebha"e Stadt vor. Es gab eine starke jüdische
Gemeinde, Buddhisten, Zoroastrier, Manichäer, persische, arabische, hellenistische
Christen – die wohl auch die Schri"en eines arabischen Propheten
diskutierten, die allmählich in Umlauf gelangten.
Als Perser war Mamun noch nie in die westliche Reichshäl"e gelangt. Dies
holte er jetzt ausgiebig nach. Mit einem großen wissenscha"lichen Stab zog er
zunächst nach Harran, dem Ort Abrahams, der zugleich ein wissenscha"liches
Zentrum der Mandäer 89 war, und von dort weiter nach Damaskus. Er besuchte
die Basilika des Johannes, die Bauten der Marwiden. Von dort ging es an den
Nil. #eorien über den Ursprung des Flusses wurden erörtert, er sah mit eigenen
Augen, wo der Prophet Moses im Bastkörbchen getrieben war. Er machte in
Jerusalem halt und inspizierte mit seinem Stab die Inschri"en des Abd al-Malik
in der Kirche am Tempelberg. Und man fand den Beweis für einen Propheten
der Araber. Hier stand es schwarz auf weiß: muhamad abd Allah. Was unter
Malik noch „Gepriesen sei der Knecht Gottes“ hieß, wurde jetzt in Arabisch
zum „Muhamad, Sohn des Abd Allah“. Eine früher nicht mögliche Konstruktion
war in der modernen, kürzlich in den Grammatikerschulen Mesopotamiens
entstandenen arabischen Schri"sprache mit etwas Nachhilfe plötzlich
möglich geworden. Mamun soll den Namen Maliks entfernt und seinen eigenen
eingesetzt haben,90 die Jahreszahl 72 kata Arabos behielt er bei.
Wir besitzen Münzen von Mamun, auf denen er sich als Halifat Allah bezeichnet,
die erste Nennung dieses Titels seit Malik, aber in anderer Bedeutung.
Während bei Malik der Halifat Allah Jesus war, ist Mamun als „Kalif“ und
„Imam“ der erste Repräsentant seines Gottes. Welchen Gottes aber ? Sicher des
einen Gottes, Allah, der den Propheten Muhamad zu den Arabern geschickt
hatte. Trotzdem hat sich Mamun keinesfalls als „Muslim“ verstanden – die
89 „Sterneanbeter“, Anhänger der alten babylonischen Religion.
90 Es ist nicht belegt, dass Mamun selber die Änderung vornahm. Sie mag in noch späteren Zeiten
vorgenommen worden sein. Es könnten auch die wenigen diakritischen Punkte der Inschrift später
eingesetzt worden sein.
136 Norbert G. Pressburg | Good Bye Mohammed
Verselbstständigung dessen, was wir heute unter „Islam“ verstehen, war zu
seiner Zeit noch nicht vollzogen.
Mamun versammelte die besten Köpfe der Zeit an seinem Hofe: Wissenscha
!ler aller Disziplinen und Schattierungen, es herrschte intellektuelle Freiheit.
Als ihm etwa zu Ohren gekommen war, dass der Koran eine Erde "ach wie
ein Teppich postulierte, die arabischen Astronomen seiner Zeit sie aber als Kugel
de#nierten, ging er der Sache gleich auf den Grund. In der Steppe bei Mossul
ließ er zu verschiedenen Sonnenwinkeln einen geographischen Grad abstecken
und so den Erdumfang berechnen. Seine Expedition kam zu dem Ergebnis: Der
Umfang der Erdkugel beträgt 40 075 Kilometer (die exakte Zahl ist 40 235).
Einzelne Korantexte waren schon bekannt und in der Diskussion, aus dem
späten 9. Jahrhundert stammt der erste zusammengefasste Text in Arabisch. Es
gab sehr bald eine radikale Strömung, namentlich von Ibn Hanbal vertreten
(„Hanbalismus“), deren Anhänger eine wörtliche Auslegung betrieben. Mamun
machte sich zum Führer der Mutaziliten, deren Geisteshaltung an den
antiken Philosophien und Wissenscha!en eng angelehnt war. Er ließ feststellen,
dass auch der Koran gescha$en worden sei und somit diskutiert werden
dürfe. Mamun war ein Arabisierer, aber kein Islamisierer.
Die islamische Tradition feiert die Zeit Mamuns als Blütezeit des Islam.
Nichts ist falscher, Mamun bekämp!e erbittert den Hanbalismus, also etwa
das, was sich in der Folgezeit als Islam konstituierte.
Nach Mamun kam ein großer Umbruch. Der muhamad und der ali waren
bereits personi#ziert, das Kalifat – obwohl nur von Malik und Mamun in vollkommen
anderer Bedeutung benutzt – wurde rückwirkend allen Herrschern
seit „Muhamad“ zugedacht: eine lückenlose theokratische Kette vorgaukelnd,
die nie existierte. Der Koran entstand und parallel dazu die arabische Sprache
und Schri!. Der Muhamad erhielt sein Grab in Medina, der Ali unterlag
im programmatischen Streit und bekam eine Märtyrerlegende übergestülpt.
Das rätselha!e koranische Bakka (Sure 3 : 96) wurde schließlich als das arabische
Mekka 91 „identi#ziert“ und festgeschrieben. Die gesamte Geschichte
der letzten 300 Jahre wurde legendenha! in die Wüste Arabiens verlegt oder
gleich ganz neu erfunden. Die möglicherweise erste originäre Moschee (mas-
91 Das ständig bemühte „bedeutende Handelszentrum Mekka an der Kreuzung wichtiger Straßen“
ist in Wirklichkeit unbekannt. Ein historischer Ort namens Mekka im 6. oder 7. Jahrhundert ist bis
heute nicht belegt. Erwähnung findet im Koran lediglich ein „Bacca“, dessen Lage …[weiter S. 137]
Von Jesus zu Muhamad 137
jid) entstand in der neuen Residenzstadt Samarra, mit einer nachempfundenen
altbabylonischen Zikkurat als Wahrzeichen und der Mutter aller Minarette.
Wir be!nden uns an der Schwelle zum 10. Jahrhundert.
Wann man noch von „Kirche“ sprechen muss und wann schon von „Moschee“,
ist nicht präzise datierbar. „Masjid“ war und ist noch heute in Aramäisch ganz
allgemein ein Platz der Gottesverehrung. Erst sehr viel später wurde daraus
der Begri" für das spezi!sch islamische Gotteshaus. Man kann erst dann von
einer Moschee sprechen, wenn die masjid ein mahrab (Gebetsnische) Richtung
Mekka aufweist.
Die Große Moschee von Samarra wurde um 850 von Al Mutawakkil gebaut. Möglicherweise
handelt es sich um den ersten originären Moscheebau überhaupt. Das Minarett ist einer altbabylonischen
Zikkurat nachempfunden (Foto 1954).
Foto: Simmons Aerofilms/Science & Society Picture Library
93 weiter: … mit Abrahams erstem Gebetshaus identisch sein soll. Weil alle vorislamischen Traditionen
Abraham jedoch in Mesopotamien ansiedeln, wurde noch im 8. Jahrhundert Bacca als Ort in
Mesopotamien beschrieben. Tabari (wiederum Tabari) ist der Erste, der von einem „Mekka“ in der
arabischen Wüste spricht. Luxenberg (wiederum Luxenberg) sieht in Bacca die syro-aramäische
Bedeutung von „umzäunt, umgrenzt“. Demnach wäre mit Bacca / Mekka kein spezifischer Ort
gemeint, sondern ein umgrenzter, heiliger Bezirk im Allgemeinen.
138 Norbert G. Pressburg | Good Bye Mohammed
Christliche Grundlagen und Wüstentraditionen
Islam heißt „Übereinstimmung“, und zwar Übereinstimmung mit den Heiligen
Büchern. Das waren christliche Bücher, das Alte Testament, die Evangelien,
Apokryphen 92. Schon im 2. oder 3. Jahrhundert setzte die Entstehung einer
arabisch-christlichen Kirche ein, und diese entwickelte sich konstant weiter.
Ursprünglich dür!en Juden, Judenchristen und andere Christen ohne große
Abgrenzung nebeneinandergelebt haben. Die einzelnen Gruppierungen entwickelten
jedoch schrittweise ihre eigene "eologie, die diversen Konzile, bereits
das von Nikäa (325), zogen tiefe Trennlinien durch die orientalische Christenheit.
Die arabischen Christen vollzogen die "eologie der Reichskirche nicht
mit und verharrten damit auf dem theologischen Standard vor Nikäa.
Sie hatten nichts weiter gewollt, als zum wahren Christentum zu #nden.
Man sah sich als die Ismaeliten, die Söhne Ismaels in der wahren Tradition
Israels, die im Laufe der Zeit verfälscht worden sei. Man suchte den Islam,
die Übereinstimmung mit der „Schri!“. Man wollte nichts mehr mit der byzantinischen
Diktatkirche zu tun haben, nichts mehr mit ihrer Konstruktion
einer Dreifaltigkeit, in christlich-arabischen Augen die Abkehr vom Glauben
an einen einzigen Gott. Die arabischen Christen wurden einge$eischte
„Monophysiten“. Tatsächlich wird im Koran nichts mehr betont als der Einzige
Gott. Aus Sicht der Reichskirche war das natürlich „Häresie“, der Abfall
vom richtigen Glauben. Und als Häretiker wurden die arabischen Christen
in zeitgenössischen Quellen denn auch bezeichnet. Als falsche Christen, aber
keineswegs als Anhänger einer neuen Religion.
Die Juden hatten ihr Buch, die Perser, die Christen. Nicht aber die Araber.
Es sind Bestrebungen bekannt, ein Evangelium, nämlich das der Araber, zu
erstellen. Auch der Koran spricht von dem Evangelium, obwohl es doch mehrere
sind. Die christlichen Häretiker schufen sich ihre eigenen heiligen Texte,
die sich mehr und mehr verselbstständigten und mit alten Wüstentraditionen
vermischten.
Dominierend auf der arabischen Halbinsel der vorjüdischen/christlichen/
islamischen Zeit war der Mondkult, verbreitet von Syrien bis in den Jemen,
92 „Apokryphen“ sind nicht von der Glaubenshoheit anerkannte Texte. So benutzen die Kopten noch heute
ein „Petrus-Evangelium“, das von der orthodoxen und weströmischen Kirche nicht anerkannt wurde.
Von Jesus zu Muhamad 139
mit regional unterschiedlichen Gottheiten. Mondkulte sind typisch für Hirtengesellscha
!en, dem Mond wurden alle denkbaren positiven Eigenscha!en
zugeschrieben, die Sonne galt eher als Zerstörer (sehr gut nachvollziehbar bei
Wüstenbewohnern, die Sonnenverehrung ist denn auch der Kult von Agrargesellscha
!en). Diese Wüstentraditionen hatten großen Ein"uss auf die sich
entwickelnde Religion, der auch heute noch deutlich sichtbar ist.
Besonders beliebt in Mittel- und Nordarabien waren Allat und Uzza, ein
Geschwisterpaar, zu dem gelegentlich auch Manat stieß, die das Schicksal der
Menschen vorzeichnete. Allat (Kurzform von al-Ilahah, „Göttin“) war die
Göttin des Mondes, Uzza die Göttin des Morgensterns, weswegen sie hellenistische
Quellen auch mit der Venus gleichsetzten. Die Göttinnen waren auch
zuständig für Wasser und Fruchtbarkeit, und zumindest Uzza sollen Menschenopfer
dargebracht worden sein. Verehrt wurden sie in heiligen Bäumen,
Quellen und vor allem in schwarzen Steinen. Allat besaß Steine im heutigen
Mekka, Taif und Petra; Uzza heilige Bäume ebenfalls in der Nähe des heutigen
Mekka und eine Quelle nicht weit vom heiligen Stein ihrer Schwester in Mekka
entfernt. Dschinnis, böswillige Geister, trieben in der Wüste ihr Unwesen. Der
heilige Stein der Allat in Mekka erhielt irgendwann einen „würfelförmigen“
Überbau, eine kaaba93. Es fanden regelmäßige Pilgerfahrten zu diesem Heiligtum
statt, in dem noch eine Reihe anderer Gottheiten residierte. Dass der
Mond- und Sternekult unter den Beduinen o#enbar sehr zählebig war, schlägt
sich deutlich im Koran nieder, wo in mehreren Stellen auf diese Götzendiener
Bezug genommen wird.94 Erst Muhamad sei es gelungen, die Götzen aus der
Kaaba zu vertreiben, trotzdem haben sie sich in seiner Religion bestens etabliert:
Noch heute wird der schwarze Stein der Allat, gefasst in eine silberne
Umrahmung, in Anbetung umrundet, die Quelle der Uzza, unter Muslimen
heute als „Zamzam“ bekannt, ist P"ichtbesuch bei jeder Pilgerfahrt. Auch die
Dschinni, die bösen Gottgeister, sind im Koran reichlich vertreten 95 und von
den Gläubigen immer noch gefürchtet.
Der Sichelmond der heidnischen Mondgöttin Allat hat sich als das Symbol des
Islam verewigt; auf Flaggen mancher islamischer Länder in Einheit mit dem
Morgenstern der Schwestergöttin Uzza.
93 Nach einer anderen Erklärung leitet sich „kaaba“ vom altesimitischen „kauba“ (Vulva) ab.
94 Ganz besonders Sure 5 : 19–23.
95 Sure 72, „Die Dschinni“, Sure 55 : 33, 56, 74 etc.
140 Norbert G. Pressburg | Good Bye Mohammed
Der Ort der Kaaba in Mekka (großes Foto; Foto: dreamstime) war die Verehrungsstätte
der Mondgöttin Allat und der Göttin des Morgensterns, Uzza. Allat wurde in einem heiligen
schwarzen Stein verehrt. Dieser ist heute in einer Ecke der Kaaba eingemauert und von einer
silbernen Hülle eingerahmt (links unten). Allat war auch die Göttin der Fruchtbarkeit. Diesen
Stein zu küssen ist die Krönung einer Pilgerfahrt.
Manche islamische Staaten tragen den Sichelmond der Allat und den Stern der Uzza auf ihrer
Flagge.
Von Jesus zu Muhamad 141
Die zahlreichen in den Koran aufgenommenen Anleitungen und o! ins letzte
Detail gehenden juristischen Vorschri!en sind diejenigen der damaligen Beduinengesellscha
!. Man darf annehmen, dass wüstenspezi"sche Elemente
schon früh Eingang in die Religion gefunden haben. Noch mehr mag aber
bei der umfassenden Rückinterpretation der Geschehnisse in die arabische
Wüste hineingeschrieben worden sein. Es ist ein großer Unterschied zu sehen
im theologischen Teil des Koran (die „mekkanischen Suren“) und in den
Ausführungsbestimmungen (die „medinischen Suren“), sie tragen eine völlig
verschiedene Handschri!.
Eine wichtige Station von der Geschichtlichkeit zur Legende nimmt zweifellos
al-Hira, ein Ort im südlichen Mesopotamien, ein. Hier lebte eine christliche
Gemeinscha! mit eigenen, strengen Regeln, unter anderem war ihnen
in nabatäischer Tradition der Genuss von Wein verboten. Sie waren ein
Verband arabischer Stämme, die sich unter der Religion als verbindendem,
stammesübergreifendem Element zusammengeschlossen hatten. Die Hirenser
verstanden sich als die Gemeinscha! der Ibad, der „Diener“ (gemeint
ist „Diener Gottes“). Auch der Koran spricht von Ibad. Allerdings müsste
es korrekt Abid heißen (die Pluralform von Abd), das Ibad gibt es nur als
mesopotamische Sonderform, bezogen auf die besagte Gemeinscha!. Nur
verschrieben ?
Man erinnere sich, Hira hieß auch der Ort in der Nähe Mekkas (ein Berg
oder eine Höhle), wo in der islamischen Tradition Muhamad seine ersten
O#enbarungen emp"ng. Ein Zufall ? Tatsächlich gibt es guten Grund zur Annahme,
dass dieser real existierende Ort al-Hira von der Tradition mit entsprechendem
Bedeutungsinhalt von einer Lokation zu einer anderen transferiert
wurde, ein Vorgang, für den es in der Geschichte zahlreiche Entsprechungen
gibt. Haben wir es bei den hirensischen Christen mit den „Ur-Muslimen“ zu
tun ? 96
Kaum hatten die Autoren die Geschehnisse in die arabische Wüste verlegt,
suchten sie das Heilige Buch als ein allumfassendes zu etablieren. Wer dieses
Buch habe, brauche kein anderes mehr. Damit wurde die Saat gelegt zu der
96 Eine Legende spricht von einem Händler und Prediger, der in al-Hira das Christentum angenommen
habe und es im südlichen Arabien verbreitete. Er habe Qutham geheißen und sei später als Muhamad
bekannt geworden.
142 Norbert G. Pressburg | Good Bye Mohammed
Vermengung von Privatem, Ö!entlichem, Zivilem und Staatlichem, das den
Islam fortan kennzeichnete. Und selbst der Esel Luqman aus dem Akhikar,
dem indischen Buch der Weisheit, der die Gläubigen im Paradies unterhält,
fand sogar als eigene Sure noch Platz im Koran.
Diese Rückinterpretation der Geschichte vollzog sich hauptsächlich im 9. Jahrhundert
in den Lektoraten von Basra und Kufa. Alles, was an Schri"gut und
mündlichen Überlieferungen zur Verfügung stand, wurde von den Editoren
zusammengefasst und niedergeschrieben. Wie sich allerdings herausstellte,
beherrschten sie die Sprache der alten Texte nicht mehr richtig, sie verstanden
die ursprüngliche Bedeutung von Wörtern nicht mehr. Deshalb deuteten,
vermuteten, lavierten, interpretierten sie bereits von der Stunde null an – was
bis heute Kennzeichen einer Koranlesung geblieben ist („Interpretationen“).
At-Tabari (um 900) ist heute noch der angesehenste und am häu#gsten zu
Rate gezogene Interpret. In Wirklichkeit war er Übersetzer und Sinngeber. Bei
allem Fleiß und bei aller Akribie war er, um bei einem arabischen Terminus
zu bleiben, die Mutter aller Falschübersetzer.
Natürlich sollte die Sprache des neuen Buches Arabisch sein, aber ein umfassendes
Arabisch gab es nicht. Und vor allem: Es gab nur eine rudimentäre
arabische Schri" – es musste also erst eine für alle lesbare Schri" de#niert werden.
Deshalb waren die Koranersteller auch Grammatiker. Sie schufen nichts
weniger als das Koranarabische, die Grundlage der Arabiya. Man nimmt als
gesichert an, dass der Koran überhaupt der erste Text in dieser neuen Sprache
war.Die Editoren und ihre Nachfolger erfanden Sprache und Geschichte also
neu. Und nichts dokumentiert das völlig zerrüttete Verhältnis des Islam zu seiner
eigenen Geschichte besser als die Symbole einer verhassten Heidengottheit
auf seinen Flaggen und Gebetshäusern: Sichelmond und Morgenstern.
Es gibt, wie bereits mehrfach erwähnt, keinerlei irgendwie gearteten Nachweis
über den Propheten und sein Wirken. Die islamischen Darstellungen sind
ausnahmslos Berichte aus dem 9. Jahrhundert und noch später. Diese Berichte
sind die Hadithe, und auf ihnen basiert die Lebensgeschichte des Propheten
(„Sira“). Sie mussten vor der Niederschri" in größtenteils wörtlichen Zitaten
über mindestens fünf Generationen mündlich tradiert worden sein. Vornehmlich
von berufsmäßigen Erzählern, den quasas, die präzise das sind, was man
unter einem orientalischen Märchenerzähler versteht. So kamen dann die bis
Von Jesus zu Muhamad 143
ins letzte Detail gehenden Geschichten über den Tagesablauf des Propheten,
die angeblichen Heldentaten und Eroberungen, ja die ganze uns geläu!ge
Geschichte des frühen Islam zustande.
Ihre Er!nder waren Arabisierer und Islamisierer um jeden Preis. Sie ernannten
Kalifen, schlugen Schlachten und präsentierten ein Wunder nach
dem anderen, wenn die Geschehnisse selbst für religiöse Menschen nicht mehr
logisch nachzuvollziehen waren. Den Schauplatz der zentralen Ereignisse verlegten
sie erzählerisch in die arabische Wüste. Man mag auch annehmen, dass
kursierende Erzählungen über durchaus existierende Akteure – ein Scheik oder
ein lokaler Prediger – in ihre Berichte Eingang fanden, die aber dann mit dem
Label „Muhamad“ versehen wurden. Die Editoren scheuten sich auch nicht,
den legendären alttestamentlichen Abraham als Ibrahim in Mekka anzusiedeln
und zum ersten „Rechtgläubigen“ zu ernennen, was unausgesprochen,
aber selbstredend nur ein Muslim sein konnte. Der Libanese Kamal Salibi
verlegte in einschlägiger Tradition gleich das gesamte Alte Testament in das
heutige Arabien und versuchte es so für den Islam zu beschlagnahmen.97
Das qeryana, das aramäische Liturgiebuch der arabischen Christen, endete
nach einem halben Jahrtausend, nach vielen Zwischenstufen, Änderungen,
Hinzufügungen und Weglassungen, im arabischen quran, dem Buch einer
neuen Religion. Nachdem die eigene Religion der Araber Konturen angenommen
hatte, brauchte man einen eigenen arabischen Repräsentanten. Wie
schon der brennende Wunsch nach einem eigenen Evangelium, so bestand
die Sehnsucht nach einem eigenen – und o" vorausgesagten – Propheten. Die
Juden hatten ihre Propheten, die Christen den ihren, und jetzt, im 9. Jahrhundert,
bekamen auch die Araber ihren eigenen Propheten: Der „gepriesene
Gottesknecht“ muhamad abd Allah war zum „Muhamad, Sohn des Abd Allah“
geworden.
Wir können also festhalten: Der Islam mit seinem heiligen Buch war nicht von
heute auf morgen auf der Welt. Er hat sich auch nicht in 80 Jahren über die
Häl"e der damaligen Welt verbreitet, wie uns die religiösen Legenden weismachen
wollen. Der Islam hat eine lange, verwickelte Entstehungsgeschichte
und seinen Ursprung zweifellos im arabischen Christentum.
97 Die Bibel kam aus dem Lande Asir, Hamburg 1985.
144 Norbert G. Pressburg | Good Bye Mohammedhttp://www.blogger.com/img/blank.gif
Das Christentum ist eine Abspaltung vom Judentum, der Islam eine
Abspaltung vom Christentum.
Diese Abspaltung war erst im 10. Jahrhundert komplettiert, erst da haben
wir die Verhältnisse, wie sie für das 7. Jahrhundert beschrieben werden. Die
Darstellungen dieses Zeitabschnittes in der islamischen Tradition, besonders
die der ersten 200 Jahre, gehören in die Kategorie „Märchen aus dem Morgenlande“.
Quelle
Die Wahrheit können wir nicht beweisen.
Aber wir können die Unwahrheit beweisen
und uns so der Wahrheit annähern.
Karl Popper
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Leseprobe aus: Vorbemerkung
So, wie diese Frühgeschichte aus traditionell-islamischer Sicht beschrieben wird, hat sie mit Sicherheit nicht stattgefunden, das wissen wir. Wie sie aber wirklich abgelaufen ist, darüber hat die Forschung gerade erst begonnen. Die Entstehungsgeschichte des Islam, des Propheten und der Herkunft seines Buches muss neu geschrieben werden. Wir stehen erst am Anfang dieser Entwicklung.
Dieses Buch referiert den gegenwärtigen Stand des Wissens. Die Erkenntnisse sind bereits jetzt atemberaubend: Noch weit davon entfernt, lückenlos zu sein, wird das neue Bild der Entstehung des Islam, basierend auf Fakten und nur auf Fakten, nichts mehr mit dem zu tun haben, was uns traditionellerweise vermittelt wird.
Leseprobe aus: Der traditionelle Koran
Der Korangelehrte weiter:
„Die Sätze sind in würdigster Form so ausgedrückt, dass die kleinstmögliche Anzahl von Worten verwendet wird, um Gedanken von äußerstem Reichtum auszudrücken.
Koranische Rede ist klar übermenschlich, weil sie das psychologische Gesetz durchbricht, dass Intellekt und Gefühl immer im umgekehrten Verhältnis zu- einander stehen.
Zur Struktur einer Sure und des ganzen Koran übergehend finden wir einen überall gegenwärtigen Plan, den kein Mensch hätte erfinden können.“
Der übermenschliche Plan besteht darin, dass alle Suren im Stil der Zeit der Länge nach absteigend angeordnet werden. Die längsten Suren stehen am Anfang, die kürzesten am Schluss.
Leseprobe aus: „Wer hat uns das angetan?“
Wer hat ihnen das alles angetan ?
Sie selber. Der tiefste Grund ist die historische Ablehnung von Wissen. Von früh an wurde verbogen, verboten, gefälscht, ausgegrenzt, bestraft. Diese Scheu vor Wissen, ja oft seine Kriminalisierung, wurde Teil des Systems. Kritik wurde zu persönlicher Beleidigung, zu Gotteslästerung und Verbrechen. Das resultierte in einem Kult des Beleidigtseins und einer medialen Wut- und Verschwörungsindustrie, die so typisch für die islamischen und ganz besonders die arabischen Länder ist.
Richtig gestellt kann die Eingangsfrage also nur so lauten: „Was hat uns der Islam angetan !
Die klassischen, bärtigen Korangelehrten haben versagt und ausgedient. Von wem könnten die anstehenden Probleme sonst bewältigt werden als von gebildeten, wissensorientierten Muslimen in der westlichen Diaspora? Auch die muslimischen Frauen in der Diaspora werden sich auf Dauer nicht mit ihrer Benachteiligung und Zurücksetzung zufrieden- geben. Dieses neue Modell des Islam, nennen wir es salopp Euro-Islam, ist die Zukunft des Islam. Oder es gibt keine.
Leseprobe aus: Der Koran der Wissenschaften
Die gesamte „Kopftuchproblematik“ löst Luxenberg mit einer weiteren Präzisierung über das Syro-Aramäische auf.
Im Koran gibt es nur eine einzige Stelle, die scheinbar auf das Kopftuch Bezug nimmt.
Es ist die Sure 24, Vers 31:
Die Kernpassage lautet im arabischen Koran: „wa-l-yadrib-na bi-chumuri-hinna a la djuyubi-hinna.“
Wörtlich heißt dies: „Sie sollen sich ihr chumur über ihre Taschen schlagen.“
Was ist das chumur, und welchen Sinn sollen die Taschen ergeben? Laut Tabari ist das chumur ein „Kopftuch“, das „Hals, Haar und Ohrgehänge“ bedecken muss. At-Tabari ist ein bedeutender Koraninterpret, auf ihn geht der überwiegende Teil der heute gängigen Interpretationen zurück. Tabari übersetzt den in Arabisch nicht verständlichen Begriff chumur mit Kopftuch und setzt, ohne Vorgaben zu nennen oder Gründe anzugeben, hinzu, dass dieses Kopftuch Haar, Hals und Ohrgehänge zu bedecken habe.
Luxenberg weist nun die ominösen chumur (Singular chimar) als das aramäische Band, Gürtel nach. Weiter weist er nach, dass „um die Taschen schlagen“ nur im Zusammenhang mit den Begriffen „Band, Gürtel“ verwandt wurde, also eine Phrase bildete, die im Übrigen im heutigen Aramäisch noch in Gebrauch ist: „Das Band, den Stoffgürtel umschlagen.“ Und zwar um die Lenden und nicht um die „Taschen“.
Der Satz heißt also in Wirklichkeit: „Sie sollen sich ihre Gürtel um die Lenden binden.“
Der Perser und arabische Philologe Tabari hatte nachträglich, um das Jahr 900, also 300 Jahre nach der kolportierten Zeit der Entstehung, in seinem Korankommentar das im Arabischen nicht existente Wort chumur / chimar schlicht nicht verstanden. Ohne eine Erklärung zu liefern, interpretiert er es als „Kopftuch“ und fügt ohne Begründung einfach hinzu, dieses Kopftuch „solle Hals, Haare und Ohrringe“ verdecken. Von da an nahm die islamische Welt das Gebot zum Kopftuch als Befehl Gottes an. Es ist in Wirklichkeit nichts weiter als die persönliche Meinung at-Tarabis.
Leseprobe aus: Die „Goldenen Zeiten des Islam“
Wie tiefgreifend die Ignoranz in der muslimischen Welt gegenüber ihren vielbemühten Denkern oftmals ist, zeigt ein Brief Khomeinis an Gorbatschow aus dem Januar 1989, worin er den Islam als Weg zur Lösung aktueller Probleme bezeichnete und Gorbatschow die Lektüre al-Farabis und Avicennas statt westlicher Denker empfahl. Offensichtlich wusste Khomeini nicht, dass seine Paradephilosophen gar keine Muslime waren – und deshalb folgerichtig vom Parademuslim al-Ghazali als Ketzer verdammt und ihre Schriften von Muslimen verbrannt wurden. Oder sollte er die beiden als eine Art diplomatische Geste empfohlen haben, weil beide ja Altbürger der damals noch bestehenden Sowjetunion waren? Khomeini hat vermutlich weder das eine noch das andere gewusst und war enttäuscht, weil Gorbatschow auf diesen Teil des Briefes nicht antwortete.
Die „Goldenen Zeiten“ der islamischen Wissenschaften ? Es hat sie nie gegeben. Aber es gab eine goldene Zeit der arabischen Wissenschaften. Diese fand ein abruptes Ende, als sich der Islam als dominierende Religion etabliert hatte. Er verjagte das Wissen aus dem Orient nach dem Westen, wo es bis auf den heutigen Tag geblieben ist.
Leseprobe aus: „Die Märchen von Al-Andalus“
Führen wir uns zum Abschluss zu Gemüt, was die UNESCO-Home-page noch alles zu bieten hat:
„Juden, Christen und Muslime waren vollkommen frei, sich zu betätigen in theologischen, ja religiösen Aktivitäten ... in Verwaltung und Justiz.“ (Doudou Diene)
Und:
„Al-Andalus war ein bemerkenswertes und hervorragendes Modell der Toleranz. Es begann mit der Eroberung, als die Muslime die Freiheit und den Besitz ihrer Untertanen zu beschützen begannen und deren Kirchen respektierten und verteidigten“ (Mohamed Benchrifa).
Man möchte gerne die Kirchen sehen, die die Muslime verteidigt haben. Nur wo sind sie?
Das sind die Märchen von al-Andalus. Die historische Wirklichkeit sieht anders aus. In al-Andalus herrschte keine Toleranz. Es herrschte Hauen und Stechen. Und wo dies pausierte, herrschte Apartheid, ausgeübt von der Seite, die politisch gerade in der Lage dazu war. Die schön besungene convivencia fand nur dann statt, wenn die Gegner sich im Patt gegenüberstanden und nicht anders konnten.
So funktionierte al- Andalus.
Leseprobe aus: „Wer hat uns das angetan?“
Wer hat ihnen das alles angetan ?
Sie selber. Der tiefste Grund ist die historische Ablehnung von Wissen. Von früh an wurde verbogen, verboten, gefälscht, ausgegrenzt, bestraft. Diese Scheu vor Wissen, ja oft seine Kriminalisierung, wurde Teil des Systems. Kritik wurde zu persönlicher Beleidigung, zu Gotteslästerung und Verbrechen. Das resultierte in einem Kult des Beleidigtseins und einer medialen Wut- und Verschwörungsindustrie, die so typisch für die islamischen und ganz besonders die arabischen Länder ist.
Richtig gestellt kann die Eingangsfrage also nur so lauten: „Was hat uns der Islam angetan !
Die klassischen, bärtigen Korangelehrten haben versagt und ausgedient. Von wem könnten die anstehenden Probleme sonst bewältigt werden als von gebildeten, wissensorientierten Muslimen in der westlichen Diaspora? Auch die muslimischen Frauen in der Diaspora werden sich auf Dauer nicht mit ihrer Benachteiligung und Zurücksetzung zufrieden- geben. Dieses neue Modell des Islam, nennen wir es salopp Euro-Islam, ist die Zukunft des Islam. Oder es gibt keine.
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„muhamad“ der „Gepriesene“, war das arabische Synonym des lateinischen „Christus“. Aus dem muhamad wurde der Muhamad - der Prophet der Araber war geboren. 200 Jahre nach seiner „Geburt“.
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